Planungsgeschichten

Parkplatzgebühren – und wie man sie (nicht) einordnen sollte

Kann man die Kosten für Parkplätze wirklich mit Wohnungsmieten vergleichen? (Symbolbild: Parkuhr in Baden AG)

Der Preisüberwacher auf Parkplatzsuche

Kann man Kosten für Parkplätze mit Wohnungsmieten vergleichen? (Symbolbild: Parkuhr in einer Quartierstrasse in Baden AG)

Ich bin ein Fan des Preisüberwachers. Ich schätze eine neutrale Stelle des Bundes, die zu hohe Preise aufzeigt, damit wir Konsument*innen nicht zu viel bezahlen. Selbstverständlich soll diese Institution neben privaten Unternehmen auch die Preise der öffentlichen Hand beobachten, zumal darunter viele Gebühren und Zwangsabgaben sind. Zuletzt hat sich das Team von Stefan Meierhans die Gebühren für öffentliche Parkplätze in den Schweizer Städten vorgenommen. In der kurz gefassten Analyse im neuesten Newsletter auf Basis einer Umfrage bei den meisten Schweizer Städten mit mehr als 20‘000 Einwohnern steht vereinfacht:

  • Die Höhe der Parkplatzgebühren unterscheidet sich zwischen den einzelnen Städten erheblich – und das liege vor allem daran, dass die Gebühren in einzelnen Städten zu hoch seien.
  • Ein öffentlicher Parkplatz generiert mehr Gebühreneinnahmen pro Monat als die Miete einer Wohnung gleicher Grösse, was völlig überrissen sei.
  • Der Nutzen bzw. die Notwendigkeit von Parkplatzgebühren sei bald nicht mehr gegeben, weil die wachsende Flotte von Elektrofahrzeugen viel weniger Abgase, Lärm und CO2-Emissionen erzeuge.
  • Die hohen Parkplatzgebühren seien unsozial und würden einkommensschwächere Menschen überdurchschnittlich treffen.

Die Analyse wurde von vielen Medien aufgrund der Agenturzusammenfassung publiziert, die relativ neutral abgefasst war. Der ausführlichere Artikel der Aargauer Zeitung widerspiegelt dagegen die in der Analyse klar erkennbare Haltung des Preisüberwachers prägnanter: Insbesondere die grösseren Städte würden überrissene Gebühren verlangen und müssten ihre Gebühren aus Sicht von Meierhans und seinem Team reduzieren. Diese Stossrichtung gab Stefan Meierhans bereits mit seiner Kolumne im Blick vom letzten Dezember zu erkennen.

Gleiches gleich beurteilen, Ungleiches ungleich

Die methodischen Ansätze der kurzen Analyse sind meines Erachtens in mehreren Punkten fragwürdig, und so sind es auch die daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Meine kritische Haltung erläutere ich nachfolgend entlang der oben dargestellten vier zentralen Aussagen des Artikels.

Mit dem einheitlichen Vergleich aller Schweizer Städte impliziert der Preisüberwacher, dass Parkplatzgebühren grundsätzlich unabhängig von der Grösse der Stadt sein sollen. Diese Annahme ist aber falsch, weil diese Gebühren rechtlich ab 30 Minuten Parkierungsdauer einen gesteigerten Gemeingebrauch darstellen und marktkonform sein sollen. Das heisst, dass sich die Gebühr am Wert des Bodens orientiert, auf welchem der Parkplatz steht. Gehen wir davon aus, dass ein Parkplatz rund 12 Quadratmeter gross ist. In der Stadt Zürich liegt der durchschnittliche Bodenpreis gemäss Statistik des Kantons Zürich bei rund 4‘000 bis 5‘000 CHF/m2. Die Fläche eines Parkplatzes in der Stadt hat also einen Wert von rund 50’000 bis 60’000 CHF. In Wetzikon liegt der Bodenpreis dagegen nur bei 1‘600 CHF/m2, so dass die Fläche eines Parkplatzes etwa 20’000 CHF wert ist. Mit einer realistischen Rendite von 5% pro Jahr wäre ein Ertrag von 2‘500 bis 3‘000 CHF pro Jahr in der Stadt Zürich angemessen. Die in der Analyse ausgewiesenen durchschnittlichen Einnahmen pro Strassenparkplatz mit Parkautomat in der Stadt Zürich von 180 CHF pro Monat bzw. rund 2’200 CHF pro Jahrsind also durchaus marktgerecht. Von der Stadt Wetzikon wurden die Einnahmen nicht gemeldet. Wenn ich die Einnahmen vergleichbarer Städte im Kanton Zürich (Opfikon, Wädenswil) in der Höhe von 60 bis 70 CHF pro Monat und Parkplatz bzw. rund 800 CHF pro Jahr anschaue, dann liegen diese ebenfalls nur geringfügig unter den Erträgen, die man mit einer Fläche von 12 m2 angesichts des Marktwertes und bei einer Rendite von 5% pro  Jahr erzielen dürfte.

Zudem ist es auch fraglich, ob die summierten Einnahmen eines durchschnittlichen Parkplatzes überhaupt einen Rückschluss auf die Zumutbarkeit der Gebühren erlauben. Zwar führen tiefere Gebühren zu tieferen Gesamteinnahmen, allerdings hat eine tiefe Auslastung der Parkplätze denselben Effekt. Anders gesagt: Wenn eine Stadt zu viele Parkplätze bereitstellt, die deshalb im Schnitt weniger oft genutzt werden, sind die Einnahmen pro Parkplatz tiefer als in einer vergleichbar grossen Stadt mit gleich hohen Gebühren, aber weniger Parkplätzen. Angesichts des Wertes des für die Parkplätze konsumierten öffentlichen Raums ist der letztgenannte Fall jedenfalls besser.

Angesichts dieser Überlegungen dürfen die Gebühren in den grösseren, teureren Städten sehr wohl in der heutigen Höhe erhoben werden. Das gilt umso mehr, als dass diese Städte trotz der höheren Gebühren heute schon viel Autoverkehr anziehen, der vielerorts kaum mehr verträglich bewältigt werden kann.

Parkplatz – ich bin auch eine Wohnung?

Richtig abenteuerlich mutet der Vergleich mit den Wohnungsmieten an. Konkret werden die maximal möglichen monatlichen Einnahmen eines weissen Parkplatzes (12 m2 Fläche) bei einer aus Sicht des Preisüberwachers noch erträglichen Gebühr von 30 CHF für 24h auf 900 CHF beziffert und die resultierenden Einnahmen pro Quadratmeter Parkfläche auf 75 CHF. Das sei vier Mal so hoch wie die durchschnittlichen Mieteinnahmen einer Mietwohnung in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik. Nun ja, vermutlich liegt es aber nicht daran, dass kaum Menschen auf einem Parkplatz übernachten, zudem schlafen Autos ja nachts auch nicht, sie stehen einfach herum… Die vielen Unterschiede der Charakteristika von Wohnungen und Autoparkplätzen brauche ich hier nicht auszuführen, es reichen wohl schon die Differenzen hinsichtlich Zweck und räumlicher Dichte (Wohngebäude sind in städtischen Zentren selten eingeschossig).

Weiter meint der Preisüberwacher, dass mit der zunehmenden Verbreitung von elektrisch betriebenen Autos die Gebühren sinken müssten, weil diese weniger Immissionen verursachen als fossil angetriebene Autos. Wie oben beschrieben rechtfertigt allerdings bereits der Flächenbedarf die Gebühren in ihrer heutigen Höhe – und ein elektrisch betriebenes Auto braucht grundsätzlich gleich viel Parkplatzfläche wie eines mit Verbrennungsmotor. Die Emissionen bzw. Immissionen entstehen zudem mit der Zu- bzw. Wegfahrt und nicht in der Zeit, wo das Auto abgestellt ist. Die Kosten für diese Auswirkungen des Autoverkehrs müssten deshalb fahrleistungsabhängig finanziert werden. Das werden sie über die Mineralölsteuer und in gewissem Masse über die Motorfahrzeugsteuer auch – allerdings nicht im erforderlichen Ausmass, wie die periodisch aktualisierte Studie des Bundesamtes für Raumentwicklung zu den externen Kosten und Nutzen des Verkehrs zeigt. Demnach verursacht der private Autoverkehr mit knapp 10 Mia. CHF pro Jahr mehr als die Hälfte der ungedeckten Kosten des gesamten Personen- und Güterverkehrs. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, wieso die Gebühren für stehende Autos sinken sollen, um geringere Emissionen von fahrenden Autos zu kompensieren.

Autos sind teuer, nicht Parkplätze

Schliesslich noch zur sozialen Frage. Ja, Mobilitätskosten sind ein erheblicher Posten im Budget, gerade bei Haushalten mit tieferen Einkommen. Aber: Teuer ist das private Auto selbst, Parkplatzgebühren stellen dabei einen marginalen Anteil dar. Gemäss TCS kostet ein durchschnittliches Auto mit allen variablen und fixen Kosten rund 10’000 CHF pro Jahr. Der grösste Anteil entfällt dabei mit mehr als 25% auf die Amortisation. Daneben sind Treibstoffkosten, die Kosten des privaten Abstellplatzes, die Versicherungen, Service/Reparaturen und die Wertminderung ebenfalls bedeutend. Die geringe Bedeutung der Parkplatzgebühren wird aus folgendem Rechenbeispiel ersichtlich. Gehen wir davon aus, dass eine Person zwei Mal pro Woche (also an 100 Tagen pro Jahr) während zwei Stunden in einer relativ zentralen Lage einer Stadt parkieren muss. Ich verzichte jetzt mal darauf, mir zu überlegen, ob regelmässige Autofahrten in üblicherweise ausgezeichnet mit dem ÖV erschlossene Gebiete nötig sind. In einer teuren Stadt kostet das jedes Mal rund 5 bis 6 CHF, in einer Stadt gemäss Empfehlungen des Preisüberwachers rund 3 CHF. Die Parkgebühren sind demnach im ersten Fall jährlich etwa 200 bis 300 CHF höher als im zweiten Fall. Das bedeutet, dass die gesamten Kosten für das eigene Auto pro Jahr zwischen den beiden Fällen um etwa 2 bis 3% abweichen. Das ist nicht nichts, aber es ist auch nicht so viel, als dass man grosse soziale Nachteile befürchten müsste. Gehen wir zudem davon aus, dass jede dieser Fahrten 30 km lang ist (Hin- und Rückfahrt zusammen). Bei durchschnittlichen Kilometerkosten von CHF 0.70 / km (wiederum gemäss TCS) kosten alle 100 Fahrten zusammen jährlich 2’100 CHF. Die Parkplatzkosten machen also selbst bei hohen Gebühren nur rund einen Viertel der Gesamtkosten für die Autofahrten in die Städte aus. Wenn soziale Verkehrspolitik im Fokus sein soll, sollten wir uns darauf konzentrieren, den (wirklich günstigen und zudem stadtverträglichen) ÖV, Fuss- und Veloverkehr zu fördern, statt mit tieferen Parkplatzgebühren Symbolpolitik zu betreiben.

Benchmark oder Verkehrspolitik?

Die Parkplatzgebühren verschiedener Städte miteinander zu vergleichen ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings müssen dabei die unterschiedlichen Charakteristika verschiedener Städte berücksichtigt werden. Methodisch unsaubere Benchmarks tragen ebenso wenig zu einem guten Überblick bei wie holprige Analogien zu Mietpreisen. Und mit überhöhten Mobilitätskosten und sozialer Gerechtigkeit haben Parkplatzgebühren ebenfalls wenig zu tun – teuer ist nämlich das Auto selbst. Der Beitrag des Preisüberwachers trägt aus all diesen Gründen wenig zu einer sachlichen Diskussion bei. Vielmehr scheint es darum zu gehen, tiefere Parkplatzgebühren als Thema in der verkehrspolitischen Diskussion zu forcieren.

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